Kammergericht

Beschluss

Geschäftsnummer: (4) 121 Ss 129/15 (160/15)

In der Strafsache gegen

geboren am … in …,
wohnhaft in 1…. Berlin, ….straße ,
wegen sexueller Nötigung

[Verteidiger: Rechtsanwalt Olav Sydow, Mehringdamm 32, 10961 Berlin]

hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 11. Dezember 2015 beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Jugendschöffengerichts Tiergarten vom 21. April 2015 mit den zugehörigen FeststelIungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung unter Einbeziehung eines rechtskräftigen früheren Urteils zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung für die Dauer von sechs Monaten zurückgestellt. Dem Schuldspruch liegen die folgenden Sachverhaltsfeststellungen zugrunde (Darstellung wie im Original):

„In den frühen Morgenstunden des 15. Juni 2014 war der Angeklagte in einer Gruppe in der … straße , Berlin, unterwegs. Dort befanden sich auch die seinerzeit noch 13jährigen, allerdings äußerlich älter wirkenden Mädchen S und H, die dort in einer anderen Gruppe Jugendlicher feierten. Nachdem aus der Gruppe des Angeklagten heraus zunächst die Zeugin H unsittlich berührt worden war, ging die Gruppe mit dem Angeklagten – etwa 6 Personen – zu der Zeugin S. Er und zwei nicht näher ermittelbare Tatgenossen fassten in einer Zeit zwischen ca. 3.00 und 3.30 Uhr des Tattages situativ gemeinsam den Entschluss, die Zeugin S gemeinschaftlich sexuell zu bedrängen und zu drangsalieren. ln Ausführung dieses Entschlusses fasste einer der Angreifer, der hinter der Geschädigten stand, der Zeugin an die bekleideten Brüste, einer fasste sie in den Schritt bzw. den Genitalbereich und der Angeklagte, der vor der Geschädigten stand, an das Gesäß der Geschädigten und in deren Gesicht. Die Täter fassten derart kräftig zu, dass dies für die Geschädigte schmerzhaft war. Hierbei sagte der Angeklagte zu der Geschädigten, dass sie ,die Schnauze halten‘ solle. Während dieses Geschehens nahm einer der Angreifer das Handy der Geschädigten, Samsung Galaxy S 2 Note mit der IMEI-Nr. … im Wert von ca. 300,00 Euro an sich, um dieses für eigene Zwecke zu verwenden, wobei es möglich erscheint, dass der Angeklagte diese Handlung selbst nicht mitbekommen hat. Schließlich gelang es der Geschädigten, sich los zu reißen und weg zu laufen. Das Geschehen hat die Zeugin S derart beeinträchtigt, dass sie auch heute noch sehr unter dem Übergriff leidet und professionelle Hilfe in Form einer Therapie in Anspruch nehmen muss.

Der Angeklagte hat den Vorwurf bestritten und hinsichtlich seiner Identifizierung durch die Zeugin S vorgebracht, er habe entgegen deren Aussage am 15. Juni 2014 nicht „in etwa“ dieselbe (Kurzhaar-) Frisur wie in der Hauptverhandlung am 21. April 2015 getragen, sondern vielmehr schulterlange Haare.

Seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten hat das Amtsgericht auf die Aussage der Zeugin S gestützt, die den Angeklagten als den vor ihr stehenden Täter mit 100%iger Sicherheit an den (lockigen schwarzen) Haaren und auch an der Nase wiedererkannt habe; der Haarschnitt sei (in allerdings nicht näher ausgeführter Art) „originell“ gewesen und die Nase „komisch, leicht gebogen, dreieckig“.

Zu der für die Geschädigte zur Tatzeit gegebenen Wahrnehmungssituation hat das Gericht mitgeteilt, dass „Laternen eine leichten Lichtschein geworfen“ hätten. Auf Vorhalt, dass sie in ihrer polizeilichen Vernehmung am 18. Juli 2014 bei einer Lichtbildvorlage eine andere Person „ziemlich sicher“ als Täter bezeichnet habe, habe die Zeugin erklärt, der auf dem Foto sei eine der anderen Personen gewesen, die dabei gewesen seien.

Weiteres zu jener Vernehmung und zu den darin gemachten Angaben der Zeugin hat das Gericht nicht ausgeführt. Die Erklärung der Zeugin in der Hauptverhandlung für die Abweichung hat das Amtsgericht lediglich mitgeteilt, aber nicht bewertet, weshalb ihm entgangen sein wird, dass sie angesichts des Inhalts der Vernehmung vom 18. Juli 2014 nicht ohne weiteres nachvollziehbar erscheint.

Dem Zusammenhang der Urteilsgründe lässt sich noch entnehmen, dass die Geschädigte und die Zeugin H am 4. August 2014 mit der Absicht nochmals in den Park gegangen seien, „die Täter wieder zu finden und zu erkennen“.

Tatsächlich hätten sie an diesem Tag den Angeklagten sowie den Mitangeklagten A angetroffen und die Polizei gerufen. Die Polizei habe ihr die beiden Festgenommenen später noch mal am Auto gezeigt: sie habe (nur) den Angeklagten dort erneut erkannt. Näheres dazu, weshalb die Zeuginnen just an diesem Tag im Park nach den Tätern suchten, und ob es ein Zufall war oder Gründe dafür vorlagen, die Täter dort tatsächlich anzutreffen, ist dem Urteil nicht zu entnehmen.

In seiner Würdigung der Beweise hat das Amtsgericht ausgeführt, dass sich die Zeugin S beim Wiedererkennen des Angeklagten (in der Hauptverhandlung) „absolut sicher“ gewesen sei. Überdies habe die Zeugin den Angeklagten zuvor nicht nur anhand einer Lichtbildvorlage oder Gegenüberstellung identifiziert – wobei mangels jeglicher Urteilsausführungen offen ist, ob das Gericht von beiden Maßnahmen ausgegangen ist und ob es geprüft hat, welche konkreten Ausgestaltungen und Ergebnisse die Maßnahmen jeweils hatten -, sondern „im Alltag am gleichen Ort“ getroffen.

Ohne sich der unterschiedlichen Wahrnehmungssituationen erkennbar bewusst zu sein, hat das Gericht ausgeführt, die Zeugin habe „mithin die Möglichkeit gehabt, ihn anhand des äußerlichen Erscheinungsbildes, der Gestik, Mimik und Sprechen her wieder zu erkennen“. Diesem Umstand komme erhöhter Beweiswert zu. Zudem habe der Angeklagte „durchaus markante Gesichtszüge“, weshalb das Gericht, das diese Besonderheiten indessen mit keinem Wort dargelegt hat, keine Gründe gesehen habe, die Angaben der Zeugin S in Zweifel zu ziehen. Auch hätten sich bei der Zeugin „über die Wahrheitsfindung hinausgehende Belastungstendenzen“ nicht gefunden.

Mit den grundlegenden Aspekten, ob und in welcher Weise die Zeugin S den vor ihr agierenden Täter (zunächst) beschrieben hatte, und ob solche Beschreibungen zuverlässig und in Bezug auf den Angeklagten stimmig waren, hat sich das angefochtene Urteil nicht beschäftigt.

Gleiches gilt für die Aussageentwicklung, etwa für die Fragen, mit welchen Bekundungen und welchem Grad der Gewissheit sie den Angeklagten nach dem Wiedererkennen am 4. August 2014 als Tatbeteiligten bezeichnet und welchen Beitrag sie ihm zugewiesen hatte, und ob sich in Bezug auf die Tat- und Täterbeschreibung im Laufe des Verfahrens Abweichungen ergeben haben, welcher Art diese ggf. waren und welche Bedeutung ihnen zukommt.

Den Mitangeklagten A hat das Jugendschöffengericht aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Diese Entscheidung beruht darauf, dass die Geschädigte S zu diesem Angeklagten – den sie ausweislich der Urteilsgründe „zuerst“ wiedererkannt habe – in der Hauptverhandlung nicht mehr mit Sicherheit habe sagen können, ob er dabei gewesen sei; er „entspräche nicht dem Profil, welches sie in Erinnerung habe“. Näheres hierzu und zu etwaigen früheren Angaben und Wiedererkennungsleistungen der Zeugin ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Welche Bedeutung die verwendete Vokabel „zuerst“ haben soll, hat das Gericht nicht dargelegt.

Welche Folgen dieser Wechsel im Aussageverhalten für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Zeugin S insgesamt haben könnte, hat das Gericht ebenfalls nicht erörtert: Die Zeugin H, die den Mitangeklagten A „nunmehr“ als Täter ausgeschlossen und ausdrücklich bekundet hat, dieser sei nicht dabei gewesen, hat für den Angeklagten in der Hauptverhandlung lediglich eine gewisse Ähnlichkeit mit einem der Täter hinsichtlich der Haare bekundet.

Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass er am 15. Juni 2014 schulterlanges Haar gehabt habe, die Zeugen M, Z und D zu vernehmen. Diese Beweiserhebung werde die Aussage der Zeugin S, die den Angeklagten insbesondere aufgrund seiner in der Hauptverhandlung getragenen Kurzhaarfrisur identifiziert habe, widerlegen.

Nachdem der Angeklagte auf Nachfrage des Gerichts ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls erklärt hatte: „Ich hatte seit November 2013 schulterlanges Haar, vor zwei Wochen habe ich meine Haare gekürzt. Ich habe mein Haar nach hinten gegeelt, an der Seite waren sie kurz.“, hat das Amtsgericht den Antrag mit folgender Begründung abgelehnt:

„Der Antrag wird aus eigener Sachkunde abgelehnt. Die Vorsitzende kennt den Angeklagten seit geraumer Zeit. Seine Behauptung, dass er seit November 2013 bis vor kurzer Zeit lange Haare gehabt haben soll, ist so nicht zutreffend“.

Im Urteil hat das Gericht zu dieser Thematik noch ausgeführt, die vom Angeklagten behauptete Haartracht könne zur Überzeugung des Gerichts „schon deshalb nicht sein“, weil der Angeklagte in einer früheren Hauptverhandlung am 17. Dezember 2013 „nach der Erinnerung der Vorsitzenden auch kurze Haare bzw. eine Frisur wie die aktuelle“ getragen habe. Diese aktuelle Frisur hat das Gericht wie folgt beschrieben:

„Kurzhaarfrisur, an den Seiten jeweils sehr gekürzt, wie es dem aktuellen modischen Stil junger Männer entspricht“. Dass die Haare zwischen Dezember 2013 bis zum Tattag bis zur Schulter gewachsen sein sollten, erschließe sich dem Gericht nicht. Es habe sich „von daher nicht gedrängt gesehen“, dem Beweisantrag, man möge die Familienmitglieder zur Frisur des Angeklagten am 15. Juni 2014 befragen, nachzugehen.

II.

1. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat vorläufigen Erfolg. Das angefochtene Urteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat zu der Revision wie folgt Stellung genommen:

„Die Revision dringt mit der zulässig erhobenen Rüge der fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrages auf Vernehmung der Zeugen … durch. Der den Beweisantrag ablehnende Gerichtsbeschluss genügt nicht den Erfordernissen des § 244 Abs. 3 StPO. Den Ablehnungsgrund der eigenen Sachkunde gibt es dort nicht. Auch eine Auslegung des Beschlusses in dem Sinne, dass das Gericht die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit für überflüssig gehalten hat, weil es gerichtskundig sei, wann der Angeklagte welche Frisur getragen habe, ist nicht möglich. Denn hierzu enthält der knapp gefasste Beschluss keine nachvollziehbaren, die Beweisbehauptung entkräftenden Angaben. Die ergänzenden Ausführungen in den Urteilsgründen vermögen die Mängel des Ablehnungsbeschlusses nicht zu heilen. ( … )“

b) Der Senat tritt diesen Ausführungen bei. Das Urteil beruht auf der fehlerhaften Behandlung des Beweisantrags. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht zu einer abweichenden Überzeugungsbildung gelangt wäre, wenn es die beantragten Beweise erhoben und sich die Beweisbehauptung bestätigt hätte. Ein Nachschieben von Ablehnungsgründen im Urteil kam nicht in Betracht (vgl. nur BGH StV 1990, 246 mwN).

2. a) Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass angesichts der Formulierung in den Urteilsgründen zu besorgen ist, dass das Gericht den Antrag eher an den für die Aufklärungspflicht geltenden Maßstäben als am Beweisantragsrecht gemessen hat.

Dem Urteil ist auch zu entnehmen, dass das Gericht bei der Antragsablehnung die nicht einmal mit Bestimmtheit benannten – Erkenntnisse eines Gerichtsmitglieds an die Stelle der begehrten Beweisaufnahme gesetzt hat, sodass der Behandlung des Beweisantrags auch eine unzulässig vorweggenommene Beweiswürdigung zugrunde liegt.

Das Jugendschöffengericht hat zudem – ohne dies in der Hauptverhandlung anzusprechen und dem Antragsteller die Gelegenheit zur Reaktion zu geben – mit der Begrifflichkeit „schulterlang“ ersichtlich eine bestimmte, enge Vorstellung verbunden, die nicht ohne weiteres zwingend erscheint. Es ist jedenfalls fraglich, ob das Gericht mit seiner begrifflichen Argumentation dem wahren Sinn des Beweisantrages gerecht werden konnte. Legte man die zurückhaltend formulierte Erinnerung der Vorsitzenden als sicher zugrunde, so könnte man die Aussage des Angeklagten, schon im November 2013 schulterlanges Haar getragen zu haben, zwar als unglaubhaft bewerten.

Dies führte aber nicht dazu, dass dem Beweisbegehren nicht nachzugehen war. Denn es unterliegt keinem Zweifel, dass das Haar des jungen Angeklagten im Zeitraum eines halben Jahres – von Mitte Dezember 2013 bis Mitte Juni 2014 – maßgeblich wachsen und seine Haartracht in ihrem gesamten Erscheinungsbild deutlich von demjenigen in der Hauptverhandlung am 17. Dezember 2013 abweichen konnte. Durch den Beweis einer in diesem Sinne nicht nur unwesentlich längeren Haartracht am 15. Juni 2014 wäre zwar nicht, wie der Antragsteller meint, die Aussage der Zeugin S „widerlegt“, wohl aber könnte die Zuverlässigkeit ihrer Erinnerung und insbesondere ihrer Identifizierung des Angeklagten – in Abhängigkeit auch zu etwaigen Täterbeschreibungen – in entscheidungserheblicher Weise infrage gestellt sein. Dass der Beweisantrag (jedenfalls auch) auf die Erschütterung der Zuverlässigkeit der Aussage der Zeugin S abzielte und dazu grundsätzlich geeignet gewesen wäre, wenn sich eine im Vergleich zur Hauptverhandlung maßgeblich längere Haartracht des Angeklagten am 15. Juni 2014 ergeben hätte, liegt auf der Hand, mögen die Haare des
Angeklagten auch nicht im klassischen Sinne „schulterlang“ gewesen sein.

Ob die Einlassung des Angeklagten zu schulterlangen Haaren seit November 2013 unzutreffend war und ob dieser Aspekt im Rahmen der bei der Beweiswürdigung gebotenen Gesamtabwägung eine entscheidende Bedeutung erlangen könnte, ist eine andere Frage, bei deren Beantwortung allerdings auch zu bedenken sein wird, dass die vom Gericht protokollierte Aussage des Angeklagten zu seiner Haartracht insbesondere infolge der Verwendung unterschiedlicher Zeitformen im selben Satz (Ich habe mein Haar nach hinten gegelt, an der Seite waren sie kurz.) wenig klar erscheint.

b) Die Revision hat mit im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen auch zu Recht beanstandet, dass die Beweiswürdigung des Amtsgerichts den für die Urteilsgründe geltenden Anforderungen bei der Identifizierung eines Täters durch Zeugen – deren Beurteilung allerdings entgegen der Vorstellung des Verteidigers in erster Linie richterliche Aufgabe und nicht Gegenstand eines experimentalpsychologischen Sachverständigengutachtens ist – nicht genügt.

Der hierbei in den Blick zu nehmenden Problematik des wiederholten Wiedererkennens und den damit verbundenen Fragen der Gestaltung von (Wahl-) Lichtbildvorlagen und (Wahl-) Gegenüberstellungen war sich das Amtsgericht ersichtlich ebenso wenig bewusst, wie der Tatsache, dass es nicht allein auf die subjektive Überzeugung des Zeugen von der Richtigkeit seiner Erinnerung, sondern zunächst darauf ankommt, ob die Täteridentifizierung durch den Zeugen objektiv zuverlässig ist und ihr ein konstantes sowie konsistentes Aussageverhalten zugrunde liegt. Die zu beachtenden Urteilsanforderungen sind in der Rechtsprechung vielfach dargelegt worden (vgl. nur OLG Koblenz StraFo 2015, 286; KG, Beschlüsse vom 31. Mai 201 0 – [3] 1 Ss. 159/1 0 [71 /1 0] – und 25. September 2012- [3] 161 Ss 164/12 [117/12] -;Senat, Beschlüsse vom 20. Mai 2009- [4] 1 Ss 113/09 [76/09] -, 15. Januar 2010 -[4] 1 Ss 397/09 [299/09] ,…, 29. September 2009- [4] 1 Ss 392/0,9 [222/09] -und 2. Dezember 2013- [4] 121 Ss 212/13 [275/13] -; s. auch die weit. Nachw. bei Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 58. Aufl., § 261 Rn. 11 b).

Einige der Urteilslücken hat der Senat unter Ziffer I. angesprochen. Die Anforderungen an die richterliche Beweiswürdigung und deren Darlegung in den Urteilsgründen sind in der hier gegebenen Konstellation, in der letztlich die Bekundungen nur eines (Belastungs-)Zeugen gegen die Aussage des Angeklagten stehen, zudem erhöht (s. dazu etwa BGH NStZ-RR 2015, 52 mwN). Soweit es in diesem Zusammenhang auf die Auswertung von Lichtbildern ankommen sollte, wird sich eine Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO anbieten, um dem Revisionsgericht die gebotene Überprüfung zu ermöglichen

c) Sollte das neu mit der Sache befasste Jugendschöffengericht ebenfalls die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gewinnen, werden im Übrigen die tatbestandlichen Voraussetzungen der sexuellen Nötigung klarer als bisher geschehen darzulegen sein. ln diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die im angefochtenen Urteil ausführlich mitgeteilten Bekundungen der Geschädigten die insoweit getroffenen, kaum zureichenden Feststellungen nicht zu tragen vermögen.

3. Das Urteil war nach allem gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache nach § 354 Abs. 2 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten als Jugendschöffengericht zurückzuverweisen.

Für die erneute Hauptverhandlung ist vorsorglich noch auf Folgendes hinzuweisen:

Die Gemeinschaftlichkeit der Tatbegehung gehört nicht zur rechtlichen Bezeichnung der Tat im Sinne des § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO. Bei der Bildung einer Einheitsjugendstrafe sind dann, wenn in die einzubeziehende Entscheidung bereits ein früheres Urteil einbezogen war, sämtliche Entscheidungen erneut einzubeziehen und im Urteilstenor entsprechend zu kennzeichnen (vgl. BGHR JGG § 31 Abs. 2 Einbeziehung 7 mwN).

Hierbei genügt es nicht, die früher abgeurteilten Straftaten und die Strafzumessungsgründe des früheren Urteils darzustellen. Die früher abgeurteilten Straftaten sind vielmehr darüber hinaus im Rahmen einer Gesamtwürdigung neu zu bewerten und im Sinne einer neuen, selbständigen, von der früheren Beurteilung unabhängigen einheitlichen Rechtsfolgenbemessung für die früher und jetzt abgeurteilten Taten zur Grundlage einer einheitlichen originären Sanktion zu machen (vgl. OLG Koblenz NStZ-RR 2008, 323 mwN).